„Es würde innerparteilich befrieden“: Stimmen auch CDU-Mitglieder über Koalitionsvertrag ab?
Der Vorstoß, über den die CDU nun diskutiert, kommt aus dem Kreisverband Potsdam-Mittelmark. Der wandte sich in einem am Sonntag veröffentlichten Brief an Parteichef Friedrich Merz, in dem unter anderem der interne Unmut über den Kurswechsel bei der Schuldenbremse thematisiert wurde.
„Zahlreiche unserer Mitglieder fühlen sich nicht mehr ausreichend repräsentiert“, schrieb Kreischef Christian Große: „Für den Fall, dass dieser Mitgliederentscheid nicht umgesetzt wird, droht unserer Partei ein weiterer massiver Vertrauensverlust“.
Teilweise stößt die Forderung aus Potsdam am Tag darauf auf Widerhall, „da Mitgliedervoten inzwischen Teil der Verhandlungs- und Druckstrategie der SPD gegen uns sind“, wie die Bundestagsabgeordnete Inge Gräßle aus Schwäbisch Gmünd sagt: „Ich bin unbedingt dafür, das auch zu machen!“ Obwohl es die Regierungsbildung verkompliziere, würde es aus ihrer Sicht „innerparteilich befrieden“ in einer für die Partei schwierigen Phase: „Es ist an der Zeit, demokratische Prozesse zu leben, statt präsidiales Vorgehen zu pflegen.“
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Potsdamer Landeschef offen für Befragung
Voraussetzung für eine deutschlandweite Mitgliederbefragung ist laut Satzung der CDU, dass ein Drittel ihrer Landesverbände sie beantragt und der Bundesvorstand sie mit absoluter Mehrheit beschließt. Soweit scheint es noch keinesfalls zu sein. Gleichwohl ist interessant, dass der Brandenburger Landeschef Jan Redmann dem Vorschlag nicht grundsätzlich ablehnend gegenübersteht.
In Brandenburg haben wir 2019 damit gute Erfahrungen gemacht.
Der CDU-Landesvorsitzende Jan Redmann
„Wenn der Koalitionsvertrag steht, muss die CDU-Basis dazu gehört werden“, sagte er dem Tagesspiegel: „Das können Diskussionsveranstaltungen sein. Ich bin auch für eine Mitgliederbefragung offen – in Brandenburg haben wir 2019 damit gute Erfahrungen gemacht.“
Das Bundesvorstandsmitglied Steffen Bilger aus Baden-Württemberg wiederum sieht dafür keine Notwendigkeit. „Ich bin zurzeit viel an der Basis unterwegs. Da wird zwar vereinzelt die Forderung nach einer Mitgliederbefragung erhoben, ich habe aber nicht den Eindruck, dass es sich dabei um die Mehrheitsmeinung handelt“, sagte er dem Tagesspiegel: „Wichtig ist den Mitgliedern vor allem, dass der Koalitionsvertrag gut wird und es dabei keine Rolle spielen darf, dass sich die SPD mit ihrem Mitgliederentscheid selbst eine Hürde aufgebaut hat.“
Ich habe nicht den Eindruck, dass es sich dabei um die Mehrheitsmeinung handelt.
CDU-Vorstandsmitglied Steffen Bilger über die Forderung nach einer Mitgliederbefragung
Die Satzungslage der CDU sei sehr klar: „Nämlich, dass ein kleiner Parteitag über das Ergebnis des Koalitionsvertrages entscheidet“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, vor dem Beginn der nächsten Verhandlungsrunde in den Gesprächen zwischen Union und SPD. „Und das werden wir so auch handhaben.“
Ähnlich sieht es die Bundestagsabgeordnete Kerstin Vieregge aus Nordrhein-Westfalen. „Ein Mitgliedervotum als Druckmittel ist unnötig – unser Verhandlungsteam ist stark genug, um die CDU-Handschrift durchzusetzen.“
Bisherige Planung sieht kleinen Parteitag vor
Wenn der Koalitionsvertrag in dieser Woche fertig verhandelt werden sollte, sieht die bisherige Planung des Konrad-Adenauer-Hauses einen kleinen Parteitag in der letzten Aprilwoche vor, den sogenannten Bundesausschuss. Bis dahin würden die Parteifunktionäre ihren Mitgliedern in Ortsversammlungen das Ergebnis der Verhandlungen mit der SPD zu erläutern und schmackhaft zu machen versuchen.
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Allzu groß ist der Druck, von dieser Planung abzurücken, zumindest vor dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen noch nicht. Eine Onlinepetition dazu hat beispielsweise bisher nur einige hundert Unterzeichner – die Partei prüft, ob es sich dabei überhaupt um Mitglieder handelt.
Feodora Lüdemann, bis vor Kurzem Bundesvorsitzende der Schüler-Union, kennt den Unmut in ihrer Partei ebenfalls zur Genüge. „Viele jüngere Mitglieder fordern in unseren Chatgruppen ein Mitgliedervotum zum Koalitionsvertrag, weil sie sehen, wie es der SPD hilft, ihre Anliegen zu vertreten“, berichtet sie.
Zugleich fände sie es „fatal“, wenn die aktuelle Unzufriedenheit zu einem Scheitern der Regierungsbildung führen würde, „dafür sind die Zeiten zu ernst“. Außerdem sei das Prozedere mit dem Bundesausschuss erst Anfang Februar auf dem Bundesparteitag mit riesiger Mehrheit beschlossen worden: „Ich finde es etwas absurd, dass dieselben Leute, die das dort abgeknickt haben, jetzt ein Mitgliedervotum fordern.“