16.000 marode Brücken: Bericht sieht Sanierungsstau dramatischer als vom Bund angenommen
Der Bund unterschätzt den Sanierungsstau bei den maroden Brücken in Deutschland einer Erhebung zufolge deutlich. Insgesamt sind der Organisation Transport & Environment (T&E) zufolge rund 16.000 Brücken in Bundeshand baufällig.
„Wird die Sanierung dieser Brücken verschleppt, dann sind sie anfälliger für Verschleiß, was mittelfristig zu noch höheren Kosten führt.“ Auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene müssen nach T&E-Berechnungen bis zu 100 Milliarden Euro in den Ersatzneubau von Brücken investiert werden.
T&E ist ein europäischer Dachverband nicht-staatlicher Organisationen, die sich nach eigenen Angaben für nachhaltigen Verkehr einsetzen.
A100- und Carolabrücke als Beispiele der maroden Brücke
Schon jetzt führt die überalterte Infrastruktur dazu, dass Bauwerke immer wieder kurzfristig gesperrt werden müssen. Jüngstes Beispiel ist die sogenannte Ringbahnbrücke auf der A100 im Westen Berlins. Sie ist seit Mitte März dicht, weil sich ein Riss im Tragwerk vergrößert hatte.
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Derzeit wird das Bauwerk von 1963 abgerissen – dann soll ein Neubau folgen. Wann die neue Brücke steht, ist offen. Die Ringbahnbrücke gehört zu einem der wichtigsten Verkehrsknoten in Deutschland – dem Autobahndreieck Funkturm.
Reservistenverband für Rückkehr der „Panzerschilder“
Der Vorsitzende des Reservistenverbands, Patrick Sensburg, fordert, dass die gelben „Panzerschilder“ an Autobahnbrücken wieder angebracht werden, weil die Bundeswehr den Zustand vieler Brücken nicht kenne. „Derzeit weiß die Bundeswehr nicht, über welche Brücke sie noch Panzer bringen kann, weil der Zustand vieler Brücken unklar ist oder sie schon gänzlich gesperrt sind. Auch sollten dann wieder die Schilder zur Tragfähigkeit von Militärfahrzeugen installiert werden“, sagte er der „Rheinischen Post“.
Die runden gelben „Panzerschilder“ mit den schwarzen Ziffern heißen offiziell „MLC-Schilder“ und geben an, mit welcher maximalen „Military Load Class“ (MLC) die jeweilige Brücke befahren werden darf. Die Schilder wurden im Kalten Krieg entlang militärisch relevanter Straßen installiert. Seit 2009 schreibt das Verteidigungsministerium diese Beschilderung an Brücken nicht mehr vor. Die Schilder werden in Westdeutschland nach und nach abgebaut. (dpa)
Auf kommunaler Ebene ist die Carolabrücke in Dresden der wohl prominenteste Fall. Die Brücke stürzte im September 2024 in Teilen in die Elbe.

© dpa/Robert Michael
„Dass viele Brücken im deutschen Straßennetz in einem schlechten Zustand sind, war schon lange absehbar“, schreibt T&E in dem Bericht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. „Viele Brücken, oft in den 1970er Jahren gebaut, sind ursprünglich auf eine geringere Belastung ausgelegt worden.“
T&E bemängelt vor allem, dass das Verkehrsministerium in seinem Brückenmodernisierungsprogramm von 2022 nicht das gesamte Autobahnnetz in den Blick nimmt. Dem Sanierungsplan des Ministeriums zufolge sollen in einem Zeitraum von zehn Jahren 4.000 Brücken im Kernnetz stark belasteter Autobahnen saniert werden. Langfristig sollten weitere 4000 Autobahnbrücken folgen.
Vor allem in Stadtstaaten sind die Brücken in schlechtem Zustand
T&E kommt auf deutlich höhere Zahlen: „Insgesamt müssen 5905 Brücken, 24 Prozent der Brückenfläche im Bundesfernstraßennetz, ersetzt werden. Weitere 10.240 Brücken sind so stark belastet, dass wahrscheinlich ein Ersatzneubau nötig ist, eventuell kann allerdings auch durch Verstärkung Abhilfe geschaffen werden.“
Dabei sei der Zustand der Brücken nicht überall gleich schlecht. „Besonders betroffen sind die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen, in denen viele Brücken deutlich über ihre ursprüngliche Auslegung belastet sind.“ In Nordrhein-Westfalen sei der Anteil der Brückenfläche, die neu gebaut werden müsse, doppelt so hoch wie in Bayern. Die Brücken in den Ostdeutschen Flächenländern seien hingegen „zu großen Teilen in den 90er Jahren errichtet und schon damals auf höhere Verkehrslasten ausgelegt“ worden.
„Wir wissen eigentlich genau, welche Brücke schnell saniert werden muss“, sagte Benedikt Hey von T&E Deutschland. „Doch das Verkehrsministerium hinkt den Notwendigkeiten so weit hinterher, dass die Autobahn GmbH inzwischen eine Triage bei der Modernisierung von Straßenbrücken durchführt. Das ist absurd und teuer, denn jede verschleppte Sanierung kostet in Zukunft noch viel mehr.“
T&E fordert von der künftigen Bundesregierung unter anderem, dass Sanierung und Instandhaltung Vorrang vor dem Bau neuer Autobahnen und Bundesstraßen haben müssten. Zudem müssten Bund und Länder den Kommunen mehr Geld für die Infrastruktur geben. Grundlage der T&E-Berechnungen sind unter anderem Daten der Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen. (dpa)